BEISPIELSTUDIE
Schlaf mal drüber
„Schlaf mal drüber“ – diesen Rat hört man als
Erwachsener vor wichtigen Entscheidungen häufig. Im Alltag gehen wir davon
aus, dass Schlaf uns hilft, Dinge zu verarbeiten und auf neue Ideen zu
kommen. Tatsächlich ist wissenschaftlich gut belegt, dass Schlaf im
Erwachsenenalter dazu beiträgt, Erinnerungen an Erlebtes zu verfestigen. Ob
Schlaf solch positive Auswirkungen auf das Gedächtnis bereits im ersten
Lebensjahr hat, ist dagegen kaum bekannt.
In dieser Studie gingen wir dieser Frage nach.
Hierzu besuchten wir über 200 6- und 12-monatige Kinder und ihre Eltern aus
Bochum zweimal im Abstand von 4 Stunden zu Hause. Beim ersten Besuch machte
eine Mitarbeiterin den Babys einige Handlungen mit einer Handpuppe vor. Bei
dem zweiten Besuch durften die Babys dann mit der Handpuppe spielen. Wir
interessierten uns dafür, ob die Babys bei dem zweiten Besuch eine oder
mehrere der Handlungen nachmachen, uns so zeigen, dass sie sich daran
erinnern, was die Mitarbeiterin vorgemacht hat.
Um die Rolle von Schlaf auf das Erinnern zu
untersuchen, waren die Besuche so gelegt, dass einige Kinder zwischen den
beiden Besuchen ein längeres Nickerchen machten und andere Kinder kein oder
nur ein ganz kurzes Nickerchen machten. Die Ergebnisse deuten darauf hin,
dass es schon Babys im ersten Jahr leichter fällt, sich an Gelerntes zu
erinnern, wenn sie „darüber schlafen“: Die Babys, die ein längeres
Nickerchen eingelegt hatten, haben im Durchschnitt mehr Handlungen
nachgemacht als Babys, die kein oder nur ein ganz kurzes Nickerchen nach dem
Vormachen gemacht haben.
Um zu schauen, ob Babys sehr zeitnah nach dem
Lernen schlafen müssen, um die Handlungen zu behalten, oder ob auch späterer
Schlaf den gleichen Effekt bringt, führten wir eine zweite Studie durch.
Hier besuchten wir 6– und 12-Monate alte Kinder zweimal im Abstand von 24
Stunden und führten die gleiche Aufgabe wie in vorigen Studie mit ihnen
durch. Die Hälfte der Kinder machten direkt nach dem ersten Besuch ein
längeres Nickerchen, währen die andere Hälfte der Kinder wach blieb oder nur
kurz schlief.
Die Ergebnisse dieser Studie zeigten sogar noch
größere Effekte als in der ersten Studie: nur die Kinder, die zeitnah über
das Gelernte geschlafen hatten, erinnerten sich an die Handlungen 24
Stunden.