Störungsbilder 
Aufmerksamkeitsdefizit / Hyperaktivitätsstörung
Störung mit
Oppositionellem Trotzverhalten
Störung des Sozialverhaltens
Störung des Sozialverhaltens
Angststörungen
Störung mit Trennungsangst
Spezifische Phobie
Prüfungsangst
Soziale Phobie / Soziale
Ängstlichkeit
Selektiver Mutismus
Zwangsstörung
Generalisierte Angststörung
Posttraumatische
Belastungsstörung
Panikstörung / Agoraphobie
Störungen der
Aussscheidung (Enuresis/Enkopresis )
Schlafstörungen
Primäre Insomnie
Primäre Hypersomnie
Schlafstörung mit Alpträumen
Pavor Nocturnus
Schlafstörung mit Schlafwandeln
Affektive Störungen
Depression (Major
Depression, Dysthyme Störung)
Essstörungen
Pica
Anorexia Nervosa
Bulimia Nervosa
Binge-Eating-Störung
Aufmerksamkeitsdefizit / Hyperaktivitätsstörung
Die Hauptmerkmale der Aufmerksamkeitsdefizit / Hyperaktivitätsstörung sind
eine übermäßige Aktivität des Kindes ("Zappelphilipp"), eine starke
Impulsivität (das Kind kann nicht abwarten, bis es beim Spiel an der Reihe
ist, platzt in Aktivitäten anderer hinein, stört in der Schule den Unterricht)
sowie eine geringe Aufmerksamkeitsspanne (Schwierigkeiten, der
Aufgabenstellung zu folgen, Aufgaben zu Ende zu führen). Die Symptome können
in verschiedenen Lebensbereichen in unterschiedlicher Intensität auftreten
oder auch ganz ausbleiben, wenn das Kind etwas Spannendes erlebt oder wenn es
für sein Verhalten gelobt wird. Dies kann auch während des Interviews der Fall
sein. Altersspezifisch fällt bei jüngeren Kindern vor allem die motorische
Unruhe, bei älteren Kindern eher die Störung der Aufmerksamkeit auf. Jungen
sind von der Aufmerksamkeitsdefizit / Hyperaktivitätsstörung häufiger
betroffen als Mädchen. Insbesondere wenn die Kinder durch ihr Verhalten
Schwierigkeiten im Umgang mit Gleichaltrigen oder Erwachsenen haben oder auch
in ihrer schulischen Leistungsfähigkeit eingeschränkt sind, besteht häufig ein
erheblicher Leidensdruck bei den betroffenen Kindern und Jugendlichen.
Störung mit
Oppositionellem Trotzverhalten
Kinder mit dieser Störung sind oft trotzig, streitsüchtig und verlieren
schnell die Nerven. Die meisten der für die Diagnosestellung relevanten
Verhaltensweisen bzw. Symptome treten insbesondere in bestimmten Lebensphasen
bei allen Kindern auf. Die Störung sollte also nur dann diagnostiziert werden,
wenn die Häufigkeit der Symptome das übliche Ausmaß deutlich überschreitet und
zu Beeinträchtigungen im Alltag führt. In vielen Fällen treten die Symptome
vor allem im Umgang mit vertrauten Personen auf (z.B. wenn das Kind zu Hause
ist). In der Schule z.B. kann sich das Kind völlig adäquat verhalten.
Störung des Sozialverhaltens
Diese Störung ist gekennzeichnet durch wiederholt auftretende, vor allem
aggressive und delinquente Verhaltensweisen, die entweder alleine oder in
einer Gruppe ausgeführt werden und durch die gesellschaftliche Normen bzw.
Rechte anderer Personen missachtet werden. Erfüllt das Verhaltensmuster sowohl
die Kriterien einer Störung des Sozialverhaltens als auch die einer Störung
mit oppositionellem Trotzverhalten, wird nur die Diagnose einer Störung des
Sozialverhaltens vergeben. Bei vielen Patienten treten komorbid weitere
psychische Störungen auf, insbesondere Angst- und affektive Störungen.
Tic- / Tourette-Störung
Diese Störung zeichnet sich durch plötzlich einfließende, sich wiederholende,
unrhythmische motorische Bewegungen (z.B. Augenzwinkern, Nasenrümpfen,
Zuckungen, Einnehmen von ungewöhnlichen Körperhaltungen) und/oder
Lautäußerungen (z.B. Räuspern, Grunzen, plötzliche spontane Äußerungen von
einzelnen Worten oder Sätzen) aus. Im Allgemeinen werden Tics als
unvermeidlich erlebt, können aber für unterschiedliche Zeiträume unterdrückt
werden. So können Kinder die Tics in der Schule oder Arztpraxis häufig eher
unterdrücken als zu Hause. Insbesondere Kinder sind sich ihrer Tics nicht
immer bewusst.
Angststörungen
Störung mit Trennungsangst
Das Hauptmerkmal der Störung mit Trennungsangst ist eine übermäßig starke
Angst vor der Trennung von Bezugspersonen. Die Kinder befürchten, den Eltern
oder ihnen selbst könnte in solchen Situationen etwas Schlimmes zustoßen, was
sie dauerhaft voneinander trennen würde. Das Kind vermeidet es, abends alleine
einzuschlafen, alleine zu Hause zu bleiben, bei Freunden zu übernachten oder
zur Schule zu gehen. In Verbindung mit Trennungssituationen kommt es zu einer
gereizten, aggressiven oder auch apathischen Stimmung sowie körperlichen
Symptomen wie Bauch oder Kopfschmerzen. Link zu KibA
Spezifische Phobie
Spezifische Phobien sind gekennzeichnet durch eine dauerhafte, von den
Patienten selbst als unangemessen erlebte, intensive Furcht und Vermeidung
spezifischer Objekte oder Situationen. Die Einsicht, dass die Angst übermäßig
und unbegründet ist, wächst mit dem Lebensalter an und ist für die Diagnose
bei Kindern nicht zwingend erforderlich. Die häufigsten Phobien im Kindesalter
betreffen Tiere (z.B. Spinnen, Schlangen, Hunde), Dunkelheit, laute Geräusche,
Spritzen oder den Anblick von Blut oder Verletzungen. Die Diagnose sollte
insbesondere bei Kindern sorgfältig abgewägt und nur dann gegeben werden, wenn
die Angst über ein normales bzw. weit verbreitetes und altersentsprechendes
Maß deutlich hinausgeht und bei den Betroffenen ein erhebliches Ausmaß an
Beeinträchtigung und Leidensdruck verursacht.
Die folgenden Subtypen werden spezifiziert, um den Inhalt der Angst oder der
Vermeidung im Rahmen der Spezifischen Phobie zu kennzeichnen:
Tier-Typus (Angst vor Tieren oder Insekten)
Umwelt-Typus (Angst Gewittern, Stürmen, Überflutungen)
Blut-Spritzen-Verletzungs-Typus (Angst vor dem Anblick von Blut oder
Verletzungen oder durch eine Injektion oder eine andere invasive medizinische
Prozedur)
Situativer Typus (Angst vor spezifischen Situationen wie Fahrstühle,
Dunkelheit, Tunnel, Brücken,)
Anderer Typus (Angst vor anderen Reizen, wie z.B. Angst vor Ersticken,
Erbrechen)
Prüfungsangst
Betroffene haben starke Angst vor Prüfungssituationen. Dabei sind übertriebene
und unrealistische Befürchtungen im Falle eines Versagens von zentraler
Bedeutung. Weitere Merkmale sind innere Unruhe, Hoffnungslosigkeit,
Konzentrationsschwierigkeiten, sorgenvolle Gedanken, die aufgabenrelevante
Denkprozesse stören sowie körperliche Symptome (z.B. Bauchschmerzen,
Herzklopfen und Schweißausbrüche). Die Prüfungsangst kann zur Vermeidung von
schulischen Tests, zum Schuleschwänzen oder zu schlechten Prüfungsleistungen
führen.
Soziale Phobie / Soziale
Ängstlichkeit
Die Störung ist gekennzeichnet durch eine dauerhafte, unangemessene Furcht vor
einer möglichen Bewertung durch andere Personen. Die Patienten befürchten in
solchen Situationen zu versagen, sich lächerlich zu machen oder gedemütigt zu
werden. Aus diesem Grund versuchen sie, die befürchteten Situationen zu
vermeiden. In der Regel ist dadurch die soziale Kontaktfähigkeit
eingeschränkt, und es besteht ein erheblicher Leidensdruck. Insbesondere bei
jüngeren Kindern kann es sein, dass die Einsicht bezüglich der
Unangemessenheit ihrer Ängste noch nicht vorhanden ist. Bei ihnen steht eine
ausgeprägte und anhaltende Scheu und Angst bei Kontakten mit unbekannten, vor
allem auch gleichaltrigen Personen, im Vordergrund. Zu Familienmitgliedern
besteht häufig ein recht inniges Verhältnis. Link zu KibA
Selektiver Mutismus
Das Hauptmerkmal dieser Störung ist die anhaltende Unfähigkeit, in bestimmten
sozialen Situationen bei erhaltenem Sprachvermögen zu sprechen. Typischerweise
sprechen die betroffenen Kinder in der vertrauten Umgebung (z.B. innerhalb der
Familie oder mit Freunden), in fremden Situationen oder in Situationen, in
denen das Sprechen erwartet wird (z.B. Kindergarten oder Schule) jedoch nicht.
Die betroffenen Kinder sind meist sehr empfindsam, anhänglich, schüchtern und
befangen und ziehen sich aus sozialen Situationen zurück. In der vertrauten
Umgebung, vor allem zu Hause, können sie kontrollierende, zwanghafte und
oppositionelle Verhaltensweisen aufweisen. Durch die Störung wird das Kind
sowohl in den schulischen Leistungen als auch in der sozialen Kommunikation
beeinträchtigt. Selektiver Mutismus sollte nicht diagnostiziert werden, wenn
das Nichtsprechen auf fehlende Sprachkenntnisse des Kindes zurückzuführen ist
oder das Kind sich in der gesprochenen Sprache nicht wohl fühlt (z.B. bei
Migration).
Zwangsstörung
Zwänge können Gedanken und Handlungen betreffen. Zwangsgedanken sind
anhaltende bzw. sich wiederholende Ideen, Gedanken, Vorstellungen oder
Impulse, die den Betroffenen als sehr aufdringlich und zumindest anfangs auch
als lästig oder unsinnig erscheinen (z.B. eine geliebte Person umbringen, sich
zu kontaminieren). In Abgrenzung zu psychotischen Symptomen erkennen die
Betroffenen, dass dies ihre eigenen Gedanken sind und ihnen nicht etwa von
außen eingegeben wurden. Die Patienten versuchen, die Zwangsgedanken zu
ignorieren oder durch Rituale (häufig in Form von Zwangshandlungen) zu
neutralisieren. Zwangshandlungen sind wiederholte, absichtliche und nach
festgelegten Regeln bzw. stereotyp ausgeführte Verhaltensweisen, meistens
verbunden mit der Absicht, gefürchtete Unannehmlichkeiten oder Katastrophen zu
verhindern (z.B. zwanghaftes Händewaschen aus Angst vor einer Infektion).
Während Zwangsgedanken also in der Regel Angst induzieren, werden
Zwangshandlungen mit dem Ziel der Angstreduktion ausgeführt. Obwohl das
Zwangsverhalten kurzfristig zu einer Spannungsreduktion führt, wird es häufig
als übertrieben, sinnlos und wenig lustvoll erlebt. Die Einsicht, dass die
Zwangsgedanken oder –handlungen übertrieben oder unbegründet sind, muss bei
Kindern für die Vergabe der Diagnose nicht gegeben sein. Die häufigsten
Zwangshandlungen betreffen Säubern, Kontrollieren, Zählen.
Generalisierte Angststörung
Kinder oder Jugendliche mit dieser Störung machen sich übermäßig stark oder
unbegründet Sorgen über verschiedene Situationen und Lebensbereiche (z.B.
Sorgen über "Kleinigkeiten" wie Unpünktlichkeit, Sorgen darüber, sich richtig
verhalten zu haben, gut genug im Sport zu sein oder genug Freunde zu haben).
Die Sorgen werden dabei als schwierig zu kontrollieren erlebt. Viele Kinder
haben ein starkes Bedürfnis nach Anerkennung und Rückmeldung über erbrachte
Leistungen oder ihr sonstiges Verhalten. Die Angst und Sorgen werden bei
Kindern mit mindestens einem körperlichen Symptom begleitet.
Posttraumatische
Belastungsstörung
Die Posttraumatische Belastungsstörung ist gekennzeichnet durch eine länger
als einen Monat andauernde Symptomatik, die nach einer außergewöhnlichen
Belastungssituation bzw. Belastungsphase auftritt (z.B. Natur oder durch
Menschen absichtlich verursachte Katastrophen, Unfälle, Misshandlungen,
Vergewaltigung, sexueller Missbrauch). Das traumatische Ereignis wird z.B.
durch (Alp)träume oder durch Spiele, die das Trauma thematisieren, wieder
erlebt. Reize, die mit dem belastenden Ereignis zusammenhängen, werden
vermieden. Weitere typische Symptome sind emotionale Taubheit ("Abstumpfung")
sowie Symptome einer erhöhten Sensitivität und Anspannung. Das Gefühl, eine
eingeschränkte Zukunft zu haben, kann sich bei Kindern auch darin äußern, dass
sie glauben, zukünftige negative Geschehnisse vorhersagen zu können.
Panikstörung / Agoraphobie
Hauptkennzeichen der Panikstörung sind wiederholt auftretende, zeitlich
umschriebene und meist als spontan erlebte Angst bzw. Panikanfälle sowie eine
anhaltende Erwartungsangst, dass solche Anfälle erneut auftreten könnten. Die
Angstanfälle äußern sich als ein Zustand intensiver Furcht und sind mit einer
Vielzahl körperlicher (u.a. Herzklopfen, stolpern, rasen, Benommenheit bzw.
Schwindel, Atemnot bzw. Kurzatmigkeit, Magen Darm Beschwerden, Schwitzen,
Zittern, Brustschmerzen) und kognitiver Symptome (Angst zu sterben, verrückt
zu werden oder die Kontrolle zu verlieren) verbunden. Der Angstanstieg findet
sehr schnell statt (innerhalb von zehn Minuten) und die durchschnittliche
Dauer von Angstanfällen beträgt 30 Minuten. Viele Angstanfälle treten spontan,
bzw. unerwartet auf, d.h. sie entstehen ohne erkennbare Ursache. In der Folge
kommt es häufig zu Vermeidungsverhalten, d.h. Orte an denen Angstanfälle
erlebt wurden oder erlebt werden könnten, werden vermieden. Üblicherweise
werden Situationen vermeiden, in denen es besonders unangenehm oder gefährlich
sein könnte, einen Angstanfall zu haben. Werden die Angstanfälle nur in
Konfrontation mit einem bestimmten Reiz ausgelöst, so liegt eine Spezifische
Phobie vor. Die Panikstörung tritt vor der Pubertät äusserst selten auf und
zeigt einen ersten Anstieg ab dem Alter von ca. 13 Jahren. Link zu KibA
Störungen der
Aussscheidung (Enuresis/Enkopresis )
Diese beiden Ausscheidungsstörungen sind gekennzeichnet durch wiederholtes
Einnässen bzw. Einkoten tagsüber oder in der Nacht, ohne dass eine organische
Ursache hierfür vorliegt. Enuresis und Enkopresis treten häufig im Rahmen von
belastenden Situationen, mit anderen psychischen Problemen oder Störungen auf,
insbesondere mit Alpträumen, Ängsten und Angststörungen oder mit
oppositionellen Verhaltensweisen bzw. Expansiven Verhaltensstörungen. Jungen
sind häufiger betroffen als Mädchen.
Schlafstörungen
Primäre Insomnie
Hauptmerkmal dieser Störung sind Ein- bzw. Durchschlafschwierigkeiten oder
nicht erholsamer Schlaf mit einer Dauer von mindestens einem Monat, die zu
Leidensdruck und Beeinträchtigungen führen. Dabei tritt die Störung des
Schlafs nicht ausschließlich im Verlauf einer anderen Schlafstörung oder einer
anderen psychischen Störung (z.B. affektive und Angststörungen) auf.
Primäre Hypersomnie
Hauptmerkmal dieser Störung ist eine übermäßige Schläfrigkeit seit mindestens
einem Monat, die entweder mit verlängerten Schlafepisoden oder mit fast
täglich auftretenden Episoden von Tagschlaf einhergeht. Dabei tritt die
Störung des Schlafs nicht ausschließlich im Verlauf einer anderen
Schlafstörung oder einer anderen psychischen Störung (z.B. affektive und
Angststörungen) auf.
Schlafstörung mit Alpträumen
Hauptmerkmal dieser Störung ist das wiederholte Auftreten Furcht erregender
Träume, die zum Aufwachen führen und bei den Betroffenen zu deutlichem Leiden
führen. Die Störung wird nicht diagnostiziert, wenn die Alpträume
ausschließlich im Verlauf einer anderen psychischen Störung (z.B.
Posttraumatische Belastungsstörung) auftreten. 10-50% der Kinder zwischen drei
und fünf Jahren erleben Alpträume, die ihre Eltern beunruhigen.
Pavor Nocturnus
Hauptmerkmal des Pavor Nocturnus ist das wiederholte Auftreten von
Angstzuständen aus dem Schlaf heraus, d. h. plötzliches Hochschrecken aus dem
Schlaf, was üblicherweise mit einem Ausruf oder panischen Schrei einsetzt und
von vegetativen Angstsymptomen (z.B. Tachykardie, schnelle Atmung, Schwitzen,
erhöhter Muskeltonus) begleitet wird. Die Betroffenen reagieren dabei kaum auf
Weck- oder Beruhigungsversuche. Im Gegensatz zur Störung mit Alpträumen wird
keine zusammenhängende Traumsequenz erinnert.
Schlafstörung mit Schlafwandeln
Hauptmerkmal der Störung mit Schlafwandeln sind wiederholte Episoden von
komplexen motorischen Verhaltensweisen im Schlaf, die ein Aufstehen aus dem
Bett und Umhergehen einschließen. Das Aufwecken einer schlafwandelnden Person
ist üblicherweise sehr schwierig. Werden Betroffene geweckt, so sind sie meist
für einige Minuten verwirrt. Danach erlangen sie die vollständige Wachheit,
erinnern sich aber nur eingeschränkt an die Ereignisse während der Episode.
Affektive Störungen
Depression (Major
Depression, Dysthyme Störung)
Depressionen sind gekennzeichnet durch eine Stimmungs und Antriebsstörung, bei
der spezifische Auslösefaktoren nicht immer zu erkennen sind und die weit über
eine normale Reaktion (z.B. Trauerreaktion) hinausgeht. Hauptkennzeichen sind
gedrückte, traurige Stimmung und/oder ein massiver Interesseverlust an Dingen,
die normalerweise Freude bereiten. Bei Kindern steht anstelle der gedrückten
traurigen Stimmung häufig eine übermäßige Reizbarkeit und innere Unruhe im
Vordergrund. Typische Begleitsymptome sind Störungen von Schlaf und
Essverhalten, Schuld- und Wertlosigkeitsgefühle, Konzentrations- und
Entscheidungsschwierigkeiten. Suizidalität muss abgeklärt werden. Der Verlauf
der Störung ist oft episodisch. Bei kurzen, intensiven Episoden spricht man
von Major Depression. Lang anhaltende, aber weniger intensive Phasen werden
als Dysthyme Störung bezeichnet. Im DSM IV-TR wird eine Dysthyme Störung bei
Kindern schon nach einer Symptomdauer von einem Jahr (bei Erwachsenen nach
zwei Jahren) diagnostiziert.
Essstörungen
Pica
Hauptmerkmal von Pica ist das ständige Essen ungenießbarer Stoffe. Je nach
Alter kann es sich dabei um unterschiedliche Substanzen handeln. Bei
Säuglingen und jüngeren Kindern ist es typischerweise Farbe, Putz, Bindfaden,
Haare oder Stoff. Ältere Kinder essen typischerweise tierische Exkremente,
Sand, Insekten, Blätter oder Steinchen und Jugendliche Lehm oder Erde. Für die
Diagnose Pica ist sicherzustellen, dass das Essen ungenießbarer Stoffe für die
Entwicklungsstufe unangemessen ist und auch nicht Teil einer kulturell
anerkannten Praxis ist. Pica ist häufig mit Geistiger Behinderung und
Tiefgreifenden Entwicklungsstörungen verbunden. Aus diesem Grund sollte die
gesonderte Diagnose Pica nur gestellt werden, wenn das gestörte Essverhalten
schwer genug ist, um für sich allein genommen klinische Beachtung zu
rechtfertigen (z.B. bei medizinischen Komplikationen wie Bleivergiftung,
Darmproblemen oder Infektionen).
Anorexia Nervosa
Hauptmerkmal der Anorexia Nervosa ist eine anhaltende Weigerung, genügend zu
essen, um ein auch nur annähernd angemessenes Körpergewicht aufrecht zu
erhalten. Das Essverhalten führt zu schwerem Gewichtsverlust, bei Mädchen und
Frauen zu Amenorrhoe (es sei denn, die Patientinnen nehmen orale Kontrazeptiva
oder Hormonsubstitution) und geht häufig mit übertriebenem Sport, Missbrauch
von Abführmitteln oder Appetitzüglern, extremer Furcht vor Dickwerden und
starken Verzerrungen des Körperschemas einher. Die Betroffenen empfinden sich
trotz Untergewicht als zu dick. Oft fehlt die Einsicht in die Krankhaftigkeit
des eigenen Tuns, was meist mit einer ausgeprägten Tendenz, die Symptome der
Störung zu leugnen, einhergeht. Viele der Betroffenen entwickeln im Laufe der
Zeit zusätzlich bulimische Symptome. Auch der Übergang einer Anorexia Nervosa
in eine Bulimia Nervosa ist häufig anzutreffen.
Bulimia Nervosa
Hauptkennzeichen sind wiederholte Essanfälle, bei denen in sehr kurzer Zeit
sehr viel und meist hochkalorische Nahrung gegessen wird. Während des
Essanfalls kommt es zum Gefühl des Kontrollverlusts (nicht mehr aufhören
können). Infolge der Essanfälle befürchten die Patienten eine Gewichtszunahme,
die sie durch drastische Gegenmaßnahmen wie willentlich herbeigeführtes
Erbrechen, Missbrauch von Abführmitteln oder Appetitzüglern oder rigoroses
Fasten zu verhindern versuchen. Aufgrund von Schamgefühlen finden die
Essanfälle meist heimlich statt. Zu Beginn eines Essanfalls erleben die
Betroffenen häufig ein Gefühl von Spannungsreduktion, wohingegen nach
Beendigung des Essanfalls resp. Nach erfolgtem Erbrechen depressive Stimmung
und massive Schuldgefühle auftreten. Auch von dieser Störung sind in der
Mehrzahl junge Frauen betroffen, die in Abgrenzung zur Anorexia Nervosa meist
normalgewichtig sind.
Binge-Eating-Störung
Hauptkennzeichen sind wiederholte Episoden von Essanfällen, welche mit einem
Gefühl des Kontrollverlustes über die Art und Menge des Essens während des
Anfalles einhergehen und zu deutlichem Leidensdruck führen. Im Unterschied zur
Bulimia Nervosa fehlt der regelmäßige Einsatz von unangemessenen
kompensatorischen Verhaltensweisen. Zu den Indikatoren für beeinträchtigte
Kontrolle gehören sehr schnelles Essen, Essen bis zu einem unangenehmen
Völlegefühl, Essen von großen Nahrungsmengen, wenn kein Hunger besteht, Ekel-
und Schuldgefühle, nachdem zu viel gegessen wurde.